Aktuelles | 20. Jan. 2021

„Ich mag Edition“ – Katharina Gutermuth im Gespräch

Die Wissenschaftlerin, die dieses Jahr ihren 40. Geburtstag feiert, studierte in München bei Prof. Dr. Walter Koch Historische Grundwissenschaften. 2020 wurden ihre wissenschaftlichen Leistungen mit zwei Preisen gewürdigt, dem Michael-Doeberl-Preis der Gesellschaft der Münchner Landeshistoriker und dem Akademiepreis der Karl-Thiemig-Stiftung. Seit 2004 arbeitet Gutermuth an der Herausgabe der Urkunden Friedrichs II. mit, zunächst als studentische Hilfskraft, seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Regelmäßig erscheinen in der Reihe der MGH-Diplomata die Bände dieser international umfangreichsten mittelalterlichen Urkundenedition. In Corona-Zeiten jongliert Katharina Gutermuth home office und home schooling für ihren 9-jährigen Sohn. 


Wie kamen Sie dazu, mittelalterliche Quellen zu edieren?


Über den Studiengang „Geschichtliche Hilfswissenschaften“ bin ich zufällig im Studienverzeichnis gestolpert. Mein Interesse war geweckt, ein Fach mit inhaltlichen Gebieten, die mehr als interessant klangen! Nach einer Studienberatung direkt am Lehrstuhl schrieb ich mich für das Studium ein. Bereits nach zwei Wochen durfte ich als Hilfskraft am Lehrstuhl mitarbeiten und hatte so auch Einblick in die verschiedenen Editionsbereiche, die ja am Lehrstuhl von Prof. Dr. Walter Koch „zusammenliefen“. Die erste Edition einer mittelalterlichen Urkunde erledigte ich bereits im ersten Semester im Zuge des Proseminars, 2005 edierte ich als Hauptseminararbeit die erste Friedrich II.-Urkunde.


Was ist Ihre Kernaufgabe im Friedrich II-Editionsprojekt?


Ich stelle die Drucke und Regesten zusammen und bin für das Literaturverzeichnis zuständig. Für den 6. Band der Edition, der sich gerade im Druck befindet, habe ich einzelne Urkunden nachkollationiert, die Vorurkunden eingetragen und die sachgeschichtlichen Vorspanne zusammengestellt. Für einige wenige fehlende Stücke bin ich selbst in Archive gefahren und habe vor Ort die Kollationierung vorgenommen.


Über welches Thema haben Sie promoviert?


Ich habe das Traditionsbuch des Reichsstifts Obermünster in Regensburg ediert, das im Rahmen der Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte erscheinen wird. Neben der kritischen Edition der einzelnen Eintragungen, inklusive der kodikologischen, paläographischen und sozial- und rechtsgeschichtlichen Untersuchung, ging es mir vor allem darum, Menschen, die vor vielen hunderten Jahren gelebt haben, eine Geschichte zu geben. Auch ist es mir gelungen, aus den Eintragungen neue Erkenntnisse über bekannte Personen zu gewinnen, beispielsweise über die Grafen von Ebersberg, die Domvögte von Regensburg, über die Grafen von Bogen und damit letztlich auch über die Wittelsbacher.


Seit mehr als 15 Jahren edieren Sie Urkunden – was bedeutet diese Arbeit für Sie?


Ich mag Edition. Allein die vielen unterschiedlichen Arbeitsschritte; nicht zu vergessen die Quelle selbst: im Fall meines Traditionsbuchs ein Codex, der über 850 Jahre alt ist, im Fall der Friedrich-Urkunden Dokumente, die in der kaiserlichen Kanzlei erstellt wurde und die ein Mensch veranlasst hat, der bis heute fasziniert und polarisiert. Ich bin einer der wenigen Menschen, die die Originale sehen! Und auch kopiale Überlieferung ist spannend. Sie zu finden und so zu bearbeiten, dass jeder Interessierte damit umgehen kann, das ist einfach wunderbar! Um Überlieferungen oder auch sehr frühe Drucke zu finden, muss man manchmal sehr viel Zeit und graue Zellen in die Recherche stecken. Wenn man dann erfolgreich ist, ist das umso schöner. Urkunden-Editionen sind einfach meine liebste Tätigkeit.


Das Gespräch mit der Preisträgerin führte Annette Marquard-Mois.