Events | 20. Jul. 2013

Nachlese zu Symposion anlässlich des Erscheinens von MGH Concilia Aevi Karolini V (2012)

19. Juli 2013, München, MGH, 14.30 Uhr 

Das Erscheinen des 5. und letzten Bandes der Ausgabe karolingischer Konzilien war der Anlaß für ein kleines Colloquium, das am Freitagnachmittag, dem 19. Juli, im Lesesaal des Instituts stattfand und einen Kreis von Interessierten anlockte.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch die Unterzeichnete in Vertretung der Präsidentin hatte zunächst der Haupteditor des Bandes das Wort: Wilfried Hartmann, Über 100 Jahre Edition der Konzilien bei den MGH, bot in seinem Beitrag zuerst eine kurze Geschichte der Edition der karolingischen Konzilien seit 1875, als die Vorarbeiten zu dieser Edition begannen. Dabei hob er die große Leistung von Albert Werminghoff (1869-1923) hervor, der in der recht kurzen Zeit von 1896 bis 1908 nicht nur die Verzeichnisse der Handschriften und Drucke der fränkischen Synoden für die Zeit von 742 bis 918 angelegt und publiziert hat, sondern auch die Edition der Konzilien selbst für die Jahre 742 bis 842 vorgelegt hat. Nach 1908 kam es zu einer längeren Pause, da die Arbeiten des neuen Editors Emil Seckel (1864-1924) nicht recht vorankamen. Erst nachdem Horst Fuhrmann Ende 1971 das Amt des Präsidenten der MGH übernahm, wurde die Concilia-Edition wieder nachhaltig betrieben: 1984, 1998 und 2012 sind die drei umfangreichen Bände Concilia 3, 4 und 5 mit über 2200 Seiten Umfang erschienen, in denen die Konzilien von 843 bis 911 ediert sind. Ein zweiter, eher statistischer Teil versuchte dann, die unterschiedliche Formen, in der die insgesamt 210 Konzilien überliefert sind, in einer Power-point-Präsentation darzustellen. Danach untersuchte die Miteditorin Isolde Schröder, die die westfränkischen Synoden ediert hat, unter dem Motto: "Was nicht in den Konzilsakten steht" Einladungen und Absagen zu Synoden, die Anreise der Teilnehmer zu den Tagungsorten sowie ihre Unterkunft und Verpflegung. Bei dem mit viel Detailforschung erarbeiteten Beitrag bekam man ein Gefühl dafür, was die Bischöfe des 9. Jahrhunderts an Entfernungen bewältigten und welche Entbehrungen die Straßenverhältnisse, primi­tiven Unterkünfte und dürftige Verpflegung berei­teten. Die Frage, warum die Kirchenmänner dies alles auf sich nahmen, um bei den Konzilien "dabei zu sein", stellt sich damit in besonderer Eindringlichkeit. Die Antwort auf diese Fragen könne aber, so Isolde Schröder, nur in den Konzilsakten gefunden werden. Einen anderen Aspekt behandelte dagegen der dritte Miteditor, Gerhard Schmitz Hunger und Wucher. Zur konziliaren Wahrnehmung gesellschaftlicher Wirklichkeit im fränkischen Reich. Er konnte zeigen,, daß die Konzilien sich nur wenig mit dem tatsächlichen Problem des Hungers beschäftigten, auch wenn die Bischöfe wie kaum eine andere Personengruppe der Zeit prädestiniert waren, sich über die Probleme der Zeit zu äußern.


Um nicht nur den Abschluß der Concilia-Reihe zu feiern, sondern auch Perspektiven für die weitere Editionstätigkeit im Bereich der normativen Quellen aufzuzeigen, referierten im Anschluß an die drei "Senior-Editoren" Philippe Depreux und Karl Ubl, die zusammen mit Stefan Esders und Steffen Patzold für die nächsten Jahre als Langfristprojekt die karolin­gischen Kapitularien edieren wollen.  Philippe Depreux, Die Reformkonzilien von 813 und 829/36 im Vergleich, gab zunächst einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen Texte, die zu den Reformsynoden überliefert sind und konnte zeigen, daß Ludwig der Fromme zwar versuchte, wie sein Vater die fränkische Gesellschaft mit Hilfe von Synoden zu lenken, daß er dies aber im Unterschied zu Karl und seinen Beratern wohl nicht geschafft hat, wie man aus den überlieferten Texten ablesen kann: 829 hat es nicht einmal eine offizielle Fassung der Beschlüsse der Teilsynoden gegeben. Karl Ubl, Die Ehe auf dem Konzil von Tribur, wertete in seinem Beitrag bereits die neue Edition aus indem er die drei Fassungen der Synode von 895 in Bezug auf die eherechtlichen Beschlüsse untersuchte. Er konnte anhand der unterschiedlichen Kanones die Auffassung des Editors bekräftigen, dass die Versio Catalaunensis und die Vulgata Redaktionen der Synodalbeschlüsse sind und die Versio Diessensis/Coloniensis eine unbearbeitete Fassung. Auch für das Verhältnis von Klerus und Laien sowie vom Königtum zum Klerus brachte dieser Beitrag wichtige Erkenntnisse für das 9. Jahrhundert.


Im Anschluß an die Diskussion der fünf Beiträge gab es noch einen kleinen Umtrunk im Foyer des Instituts, der - genau wie die Kaffeepause - für lebhafte Gespräche genutzt wurde. Alles in allem war das Interesse an dieser kleinen Tagung trotz letzter Semesterwoche in München und schönstem Sommerwetter recht rege.


Die Beiträge sollen in einem Band MGH Studien und Texte publiziert werden, der in der ersten Jahreshälfte 2014 erscheinen soll.


(Martina Hartmann)